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trialogue

Rosset Meyer Geiger - Trialogue (2012)
Release: 2012-12-07
Unit Records UTR4405 (SACD) / UTR4406LP (Audiophile 180g Doppel-LP)

Liner Notes

Packungsbeilage

Lieber Hörer, ganz ehrlich und doch im Vertrauen – bitte begegnen Sie dieser CD mit aller gebotenen Vorsicht. Denn hier handelt es sich um ein Piano-Trio. Ja wirklich, ein Piano-Trio. Sie wissen ja, keine andere Konstellation des Jazz wurde in den letzten 50 Jahren so rücksichtslos missbraucht, zu so endlosen Wiederholungen der immer gleichen Schablonen gezwungen wie die Kombination von Piano, Bass und Schlagzeug. Piano-Trios schießen wie Unkraut aus der fruchtbaren Muttererde des Jazz. Jede neue Aufnahme in dieser Aufstellung liefert deshalb tausend gute Gründe zu gesundem Misstrauen. Sind Sie sich also absolut sicher, dass sie diese CD wirklich hören wollen? Haben Sie sich das reiflich überlegt und Ihre persönliche Motivation erschöpfend hinterfragt? Sollten Sie sich nach Abwägen aller Argumente für diese CD entscheiden, dann lassen Sie sich zu Ihrer Wahl gratulieren. Bei Rosset Meyer Geiger handelt es sich eben um alles andere als das typische Piano-Trio, und das werden Sie vom ersten Ton an hören.

Schritthalten. Das Gebot der Stunde. Nur nicht der Zeit vorauseilen oder hinterherlaufen. Wer zu schnell läuft, bricht sich die Beine, wer zu langsam ist, wird abgehängt. Doch wie soll man immer das richtige Tempo halten, wenn alle Läufer unterschiedliche Beine haben? Die einen müssen tippeln, die anderen können weit ausschreiten, diese dürfen bummeln, jene müssen hetzen. Warum nicht einfach mal stehen bleiben?

Kunst spiegelt die Gesellschaft, genießt aber auch das Vorrecht, sich kühn über jede soziale Logik hinwegzusetzen. Josquin Rosset, Gabriel Meyer und Jan Geiger definieren ihre eigene Zeit und breiten sich darin aus, als wäre die Chronologie selbst schon ein Raum. Aus drei unterschiedlichen Verläufen ergibt sich ein gemeinsamer Groove, der das Tempo und die Schrittfrequenz des Einzelnen letztlich egalisiert. Jeder der drei Protagonisten nimmt sich sogar zuweilen die Freiheit, ganz und gar innezuhalten und den anderen den Vortritt zu lassen. Denn egal, welches Tempo hier an den drei Spitzen des Triangels vorgelegt wird, alle kommen doch stets gemeinsam ins Ziel.

Zeit sei eindimensional und unumkehrbar? Eine Legende, die von der mechanischen Epoche allen folgenden Zeitaltern übergeholfen wurde und gegen die bis heute kein Kraut gewachsen ist. Dabei sollten wir es spätestens seit der Installation des virtuellen Raumes besser wissen. Nichts ist unumkehrbar, alles ist eine Frage der Perspektive. Von wo aus nähern wir uns einem Punkt, und auf welchem Weg kehren wir zum Start zurück? Jedes Ziel wird durch den Ursprung seiner Annäherung definiert. Einzig der Zauderer erhebt den Weg allein romantisierend zum Ziel. Nein, Antrieb jeder Bewegung ist der Perspektivwechsel. Nur wer nicht sein Fundament aus dem Auge verliert, gelangt zum Höhepunkt. Und wer wollte nicht genussvoll vom Höchsten auf die Niederungen seiner Existenz herabblicken?

Rosset Meyer Geiger sind unablässig in Bewegung. Sie halten nur scheinbar Schritt, aber mit ihrer unterschiedlichen Gangart beschreiben sie präzise die paradoxe Harmonie von Ausgangspunkt und Endziel. Ihre Tempowechsel sind viel weniger entscheidend als ihre individuellen Pulse, die hier zu gegensätzlicher Eintracht verlaufen. Sie brechen immer auf, kommen stetig an und sind doch pausenlos in Bewegung. Nur in der Musik ist das möglich, und Rosset Meyer Geiger geben dieser Metalogik ebenso unaufdringlich wie unüberhörbar Ton.

„Trialogue“ ist ein musikalisches Perpetuum Mobile. Aus der Reibung dreier Temperamente erwächst ein Transformator, der fortwährend Energie bereitstellt, um sogleich wieder neue Reibung zu erzeugen, aus der dann... und immer so weiter. Alles fließt – die perfekte Parabel von Ausgangspunkt und Ziel, deren Feinabstimmung unter dem eindimensionalen Wachstumsgebot der Leistungsgesellschaft nur allzu oft aus dem Blick gerät. „Trialogue“ ist ein renitenter Kommentar zur Zeit, der keinen Tag zu früh und keinen zu spät kommt und beinahe vergessen macht, dass wir hier tatsächlich ein Piano-Trio hören. Gönnen Sie sich also eine tägliche Dosis davon, und sie werden im Fluss der variablen Höhepunkte auf lange Zeit das passende Tempo für Ihren jeweiligen Tag finden.

Mit den besten Empfehlungen,
Wolf Kampmann

Rosset Meyer Geiger play music very healthily! After listening to this wonderful trio, the reaffirmation is clear: if we keep on making music like this, there is hope for the human race to reach a state of peace with each other on the planet earth. Trust and love and respect are primary elements on 'trialogue'.

Leo Genovese

GOLD Jazz Audio Disc Award, Unit Records Bestseller 2011